Sonntag, 3. Mai 2015

Buchrezension: Charlotte Link - Das Haus der Schwestern

Charlotte Link

Das Haus der Schwestern 


Inhalt:

Westhill House, ein einsames Farmhaus im Hochmoor Yorkshires. Ehemals Schauplatz einer wechselvollen Familliengeschichte - und jahrzehntelang Hüter eines bedrohlichen Geheimnisses. Bis eine Fremde kommt und wie zufällig die Mauern des Schweigens zum Einsturz bringt.

Eigentlich war die Weihnachtsreise ins Hochmoor von Yorkshire als Geburtstagsgeschenk  gedacht - und als letzter Versuch zur Rettung einer zerrütteten Ehe. Doch für das deutsche Ehepaar Barbara und Ralph Amberg läuft von Anfang an alles schief. Bereits in der ersten Nacht schneidet ein Schneechaos das von ihnnen gemietete Westhill House von der Außenwelt ab. Ruhelos und getrieben, durchstöbert Barbara die Räume des alten farmhauses und sieht sich plötzlich mit der Lebensgeschichte jener Frau konfrontiert, der Westhill House einmal gehört hat: Frances Gray. Eine Frau, die so entschlossen, unabhängig und widersprüchlich war, dass sie ihrer Zeit stets einen Schritt voraus schien. Die sich immer nahm, was sie wollte, und die tat, was sie allein für richtig hielt - gegen alle Konventionen und manchmal sogar gegen die eigenen Gefühle. Eine Frau, die für die Menschen, die sie liebte, alles riskierte, die aber zur Ehe mit dem einzigen Mann in ihrem Leben nicht den Mut fand. Eine Frau, die weder Tod noch Teufel fürchtete  - nur den Verlust der Heimat. Bis sie sich eines Tages mit einem dramatischen Handstreich aller Bedrohungen entledigte. Und Schuld für den Rest ihres Lebens auf sich lud. 
Wie in Trance taucht Barbara beim Lesen in ein beklemmendes Geflecht aus Liebe und Hass, Verachtung, Abhängigkeit und unbändigem Freiheitswillen. Mehr und mehr identifiziert sie sich mit Frances, entdeckt Parallelen, blickt in die Abgründe ihrer eigenen Seele. Und schließlich ist eine Entscheidung unausweichlich, die nicht nur Barbaras Leben radikal verändern wird, sondern auch das Schicksal von Frances Gray vollendet...

Rezension:

Der Roman besteht aus zwei Handlungssträngen in der Gegenwart bzw. in der Vergangenheit. Einerseits geht es um Barbara und ihren Ehemann Ralph, deren Ehe am Ende ist. Zum Geburtstag schenkt Barbara ihrem Mann eine Reise nach Yorkshire, in der Hoffnung, dass sie sich wieder näher kommen. Durch einen Schneesturm sind sie bereits am Tag nach der Anreise eingeschneit und in Westhill House ohne Nahrung, Strom oder Heizung eingesperrt. Das zerrt zusätzlich an den blankliegenden Nerven. Auf der Suche nach Brennmaterial findet Barbara einen selbst verfassten Roman der verstorbenen Hausbesitzerin und taucht darin ein...

Den weitaus größeren Anteil des Romans nimmt das Schicksal um Frances Gray ein. Es spielt Anfang des 20. Jahrhunderts von Frances Jugend bis annähernd zu ihrem Tod. Sie passt nicht ganz in die Zeit, lehnt sich gegen bestehende patriarchalische Strukturen auf, verlässt ihr Elternhaus nach London, kämpft dort für die Frauenrechte und lehnt in diesem Zusammenhang den Heiratsantrag eines Mannes ab, den sie im Grunde genommen doch liebt. Die Wege der beiden kreuzen sich immer wieder während des Romans, aber zusammen glücklich werden sie nie, eigene Kinder bleiben ihr verwehrt. Ihre Schwester Victoria ist das Gegenteil von ihr: vielleicht ein bisschen einfältig, dafür hübsch anzusehen. Sie träumt von einem Ehemann und Kindern, aber auch sie wird in ihrem Leben noch bitter enttäuscht. 
Frances ist während des Zweiten Weltkriegs als Sanitäterin an der Front und erfährt hautnah, wie sich ihr geliebter Bruder psychisch nie mehr von Strapazen erholt. Als ihre Mutter bei der Geburt eines späten Kindes stirbt, kehrt sie in ihr Elternhaus zurück und übernimmt auf ihre burschikose Art die Farm ihres Vaters. Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs nimmt sie die beiden Töchter einer Freundin Alice aus London bei sich auf. Auch wenn sie keinerlei emotionale Bindung verspürt und die beiden mehr als Last empfindet, bleibt die ältere der beiden, Laura, Frances bis zu ihrem Tod treu und kümmert sich bis zuletzt um das Farmhaus, dass sie aus Geldnot an Urlauber zwischenvermietet...

Der Roman ist eine Familiensaga, die sich über mehrere Jahre erstreckt. Auch wenn Frances keine liebenswerte Protagonistin ist, wird sie einem trotz oder gerade wegen ihrer strengen Prinzipien sympathisch. Sie ist eine starke Frau, die dafür kämpft, woran sie glaubt, auch wenn ihr das selbst nicht immer guttut und sie gewisse Entscheidungen bis an ihr Lebensende bereuen wird.
Trotz der Länge bleibt der Roman spannend bis zum Schluss und endet mit einem Showdown, den man so nicht erwartet hat. 

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