Hajo Steinert
Der Liebesidiot
Inhalt:
Bekenntnisse eines Erotomanen
Nachdem seine Frau ihn verlassen hat, lebt Sigmund Seiler in einer festen Gemeinschaft. Mit seiner sechzehnjährigen Tochter Susi. In der Kantine des Media Center erliegt er der Stimme einer Frau vor ihm in der Schlange. Der Ton ihrer Essensbestellung trifft ihn wie Amors Pfeil. Als Sprecher von Beruf dem Hören verfallen, verfolgt er die Unbekannte auf Schritt und Tritt. Beim Versuch, sich der Angebeteten zu nähern, kommt es zur Katastrophe. Und so sitzt Seiler, geschlagen von einem Bandscheibenvorfall, in der Siegerlandklink und liest den anderen Patienten Woche für Woche ein Kapitel aus seinem unerhörten Leben vor. Bis der Klinikdirektor ein Machtwort spricht.
Hajo Steinert schafft in seinem turbulenten Roman das bewegende Porträt eines Erotomanen, der nichts mehr sucht als die romantische Liebe, nachdem er genug hat von den sexuellen Experimenten der Vergangenheit.
Rezension:
Sigmund Seiler ist Ende 50, professioneller Sprecher und alleinerziehender Vater einer 16-jährigen Tochter.
Aufgrund eines Bandscheibenvorfalls befindet sich Seiler zur
Kur in einer Rehaklinik im Siegerland. Dort liest er jeden Freitag aus seinen
amourösen Memoiren vor.
Dreh- und Angelpunkt des Buches ist der Schlüsselsatz „Einmal
Gyros mit Pommes Frites und Krautsalat ohne Zaziki“. In der Kantine des Media
Centers begegnete Seiler einer Frau, die diese Bestellung aufgibt und von deren
Stimme er aufgrund seines feinen Gehörs als beruflicher Sprecher fasziniert
ist. Er steigert sich regelrecht wahnsinnig in die Vorstellung hinein, diese
Frau näher kennen zu lernen.
Bei seinen wöchentlichen „Vorlesungen“ in der Siegerlandklinik,
die über mehrere Wochen vom Klinikchef geduldet werden erzählt Seiler von
seiner Kindheit, dem verklemmten Umgang mit der Sexualität zur damaligen Zeit
und seinen Erfahrungen in der Liebe mit den unterschiedlichsten Frauen.
„Der Liebesidiot“ ist kein spannungsgeladener, lebendig
erzählter Roman. Es ist vielmehr ein knapp 300 Seiten andauernder Monolog eines
Höschenschnüfflers und Stalkers über eine Amour fou.
Sprachlich ist an dem Roman nichts auszusetzen. Durch
knackige und präzise Wortwahl in allerdings zum Teil langen Sätzen spürt der
Leser den leisen Wahnsinn von Seiler, eines wortgewandten, sexualisierten Freaks.
Etwas zäh anmutend quälte ich mich allerdings über lange Absätze medizinischer
Fachbegriffe in Bezug auf Seilers Bandscheibenvorfall bis zum Endes des Romans,
das einfach nur das Ende seiner Vorlesungen ist.
Das Urteil „Zeitverschwendung“ würde dem Roman nicht ganz
gerecht werden, aber in „Der Liebesidiot“ passiert einfach nicht viel mehr als bereits
im Klappentext beschrieben ist. So vermisste ich insbesondere Dialoge oder
irgendeine Art der Interaktion von Seiler mit seinen Zuhörern während seiner
Lesungen.
„Der Liebesidiot“ ist leider kein amüsanter Unterhaltungsroman, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, aber dennoch literarisch gut geschrieben.
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