Samstag, 23. September 2017

Buchrezension: Benjamin Ludwig - Ginny Moon hat einen Plan

Benjamin Ludwig

Ginny Moon hat einen Plan


Inhalt: 

Ginny Moon ist vierzehn Jahre alt, liebt Michael Jackson -- und wenn sie nicht jeden Morgen neun Trauben frühstücken kann, droht der Tag in einer Misere zu versinken. Bei ihren dritten Pflegeeltern hat sie endlich ein Zuhause gefunden. Andere wären jetzt glücklich. Aber Ginny versteht die Welt nach ihrer eigenen Logik. Ob ihre leibliche Mutter nun gemeingefährlich ist oder nicht: Ginny muss sie finden. Dafür nimmt sie nicht nur Verfolgungsjagden mit der Polizei und die eigene Entführung in Kauf, sondern muss auch lernen, dass sich das Leben manchmal nicht in ungeraden Zahlen fassen lässt.

Rezension: 

Ginny Moon ist vierzehn Jahre alt, Autistin und wurde fünf Jahre zuvor ihrer leiblichen Mutter Gloria weggenommen, die drogensüchtig und gewalttätig war und ihre Tochter sträflich vernachlässigte. Ginny wohnt seitdem bei Pflegeeltern und hat bei ihren "Herzenseltern" Maura und Brian im "Blauen Haus" ein liebevolles Zuhause gefunden. 

Dann wird ihre Adoptivmutter Maura selbst doch noch schwanger und mit der neuen "Herzensschwester" Wendy, der Ginny nicht zu nahe kommen darf, wird alles anders. 
Ginny nimmt Kontakt zu ihrer leiblichen Mutter auf, da sie Angst um ihre "Babypuppe" hat, die sie in einem Koffer zurückgelassen hat und die die Polizei bei ihrer Rettung nicht finden konnte. Sie fühlt sich verantwortlich für sie und möchte unbedingt zu ihr, da sie sich sicher ist, dass sich ihre impulsive und unzuverlässige Mutter nicht um die "Babypuppe" kümmern kann. 

Da sich Ginny in ihrer neuen Familie zunehmend überflüssig vorkommt, schmiedet sie einen Plan, wie sie zu ihrer "Babypuppe" und damit auch zu ihrer Mutter Gloria zurückkehren kann, ohne dass diese ins Gefängnis muss. 

Der Autor Benjamin Ludwig ist selbst Adoptivvater einer autistischen Tochter und schreibt konsequent aus Sicht eines autistischen Mädchens, weshalb man sich selbst als Leser gut in ihre Situation, aber auch die Belastung für die Pflegeeltern hineinfühlen kann. Ginny hat Probleme sich zu artikulieren, Emotionen wahrzunehmen und zu verstehen. Sie hat Zwänge, die ihr Halt geben und unterliegt strengen Regeln, die das Zusammenleben erleichtern sollen. 

Als Leser begreift man ähnlich wie ihre Psychologin Patrice, wie Ginny denkt und warum sie unbedingt zu ihrer Babypuppe muss. Ihre Adoptiveltern sind viel zu sehr mit ihrem Neugeborenen beschäftigt und können Ginnys Drang zu ihrer leiblichen Mutter zu gelangen, die sie geschlagen hat und fast verhungern ließ, nicht verstehen. Vor allem Maura hat zu wenig Vertrauen in Ginny, was aus Sicht des Lesers ungerechtfertigt erscheint. 

Ginnys Odyssee ist bewegend, hat viele traurige, nachdenkliche, aber auch komische Momente. Autismus ist zwar eine Entwicklungsstörung, die das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen einschneidet, aber das Buch klärt darüber auf, dass eine Persönlichkeit hinter der Störung steht, eine Person, die gebraucht und geliebt werden will, auch wenn sie es wie Ginny selbst nicht zeigen kann. 

"Ginny Moon hat einen Plan" ist ein berührender Roman, der auf die Krankheit Autismus aufmerksam macht und darüber hinaus ein Plädoyer des Autors ist, sich für Kinder in Pflegefamilien zu engagieren. 
Gerade die ungewöhnliche Perspektive machen es zu einem unheimlich eingängigen, interessanten Roman. 



Das Leben ist bunt

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen