Freitag, 10. März 2017

Buchrezension: Timur Vermes - Er ist wieder da

Timur Vermes

Er ist wieder da


Inhalt:

Sommer 2011. Adolf Hitler erwacht auf einem leeren Grundstück in Berlin-Mitte. Ohne Krieg, ohne Partei, ohne Eva, dafür unter Tausenden von Ausländern und Angela Merkel. 66 Jahre nach seinem vermeintlichen Ende startet er gegen jegliche Wahrscheinlichkeit eine neue Karriere im Fernsehen. Dieser Hitler ist keine Witzfigur, sondern erschreckend real. Und das Land, auf das er trifft, ist es auch: zynisch, hemmungslos erfolgsgeil und vollkommen chancenlos gegenüber dem Demagogen und der Sucht nach Quoten, Klicks und »Gefällt mir!«-Buttons.

Eine Persiflage? Eine Satire? Polit-Comedy? All das und mehr: Dieser Roman ist ein literarisches Kabinettstück erster Güte.


Rezension:

Timur Vermes' Satire-Bestseller wurde in 41 Sprachen übersetzt und kam im Jahr 2015 als Spielfilm in die Kinos. 
Auch ich empfinde es als originelle Idee für ein Buch, Adolf Hitler im Jahr 2011 in Deutschland wieder auferstehen zu lassen. 

Hitler ist zunächst irritiert, 66 Jahre nach seinem Ableben in Berlin zu erwachen. Weder ist der Traum eines Endsiegs in Erfüllung gegangen, noch wurde Deutschland komplett zerstört. Hitler passt sich schnell an die neuen Gegebenheiten an und findet zunächst Unterschlupf bei einem Kioskbesitzer, bevor er fürs Fernsehen entdeckt wird. Statt auf Ablehnung zu stoßen, sind die Deutschen neugierig auf diesen Comedian, der dieselben Parolen so authentisch verbreitet wie zu Zeiten des Dritten Reiches. 

Natürlich handelt es sich um eine unwirkliche Situation, weshalb niemand glaubt, dass DER Hitler tatsächlich wieder da ist. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass es sich bei dem "Führer" um einen Grimme-Preis-verdächtigen Schauspieler handelt, der in der Rolle des Adolf Hitler völlig aufgeht. 

Hitler begegnet im Alltag der Bevölkerung, wo er erstaunlich viele Fans hat, so dass sich Hitler auch für das ein oder andere Selfie nicht zu schade ist. Er wird schnell zum Youtube-Star und führt Gespräche mit Politikern, macht sich gar Gedanken über die Parteienlandschaft und geeignete Koalitionen. Als einzige Partei kommt für ihn "Die Grünen" in Frage, schließlich sei Umweltschutz gleich Heimatschutz. Die NPD lehnt er schon aufgrund der Bezeichnung als "Demokraten" ab, zudem war sein Besuch in der wenig eindrucksvollen Parteizentrale in Berlin-Köpenick für ihn ernüchternd. 

Zu Beginn ist es recht unterhaltsam, wie auf Hitler, aus dessen Ich-Perspektive die Satire verfasst ist, die Dinge einprasseln, die er ironisch-böse analysiert und mit markigen Sprüchen darauf reagiert. Ab spätestens einem Drittel des Buches ist der Gag eines wieder auferstandenen Hitlers, der völlig unreflektiert zu einem Comedy- und Fernsehstar avanciert, nicht mehr neu. Die rechten Gedankengänge wiederholen sich, weshalb das Buch für mich zu lang gewesen ist. 

Abgesehen von den Stellen, an denen man über Hitler noch lachen kann, fragt man sich als Leser, ob es wirklich möglich ist, dass ein Hitler 2.0 in Deutschland wieder Gehör findet. Vom Publikum gefeiert, nutzen die Medien ihn insbesondere aufgrund der Quote und aus kommerziellen Gründen. Hat Deutschland wirklich nichts dazugelernt, auch wenn in der Schule das Dritte Reich und Nazi-Deutschland einen so großen Part einnehmen? Nachdem Hitler bereits in den 20er-Jahren unterschätzt wurde und Jahre später als Alleinherrscher die Macht übernahm, wird auch Hitler 78 Jahre nach der Machtergreifung als Impro-Comedian abgetan und die Gefahr nicht ernst genommen. 

Am Ende muss jeder Leser selbst wissen, ob er das Buch als Klamauk bzw. fiktive, überspitzte Unterhaltung sieht oder ob er es mehr als Warnung ansehen sollte, wie leicht sich Geschichte im schlimmsten Fall wiederholen könnte. 

So endet "Er ist wieder da" in meinen Augen äußerst fragwürdig mit den Worten "Es war nicht alles schlecht." 

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